Es ist eine Herausforderung, in diesen Zeiten gut für sich zu sorgen. Wenig Tageslicht, trübe und nasse Tage… auch ohne Corona durfte ich in den letzten Jahren schon lernen, mich im Winter gut aufzustellen. Spätestens in der zweiten Winterhälfte merkte ich dann, ob es funktionierte.

Mit meiner Selbstfürsorge begann ich im Außen und machte viel Sport, versuchte, viel raus zu gehen, mich gesund zu ernähren, viel zu trinken und zu schlafen. Durch meinen Beruf wurde mir im Lauf der Jahre auch bewusster, dass auch die seelische Gesundheit hier eine Bedeutung hat.

Der Faktor Psyche und die Psychohygiene stehen gerade jetzt, in der Corona-Krise, mehr und mehr im Fokus. Denn auch wenn nicht alle Menschen von dem Virus direkt betroffen sind, müssen sich alle mit permanenten Negativschlagzeilen, einem dauerhaft unterversorgten Kontaktbedürfnis, der ständigen Anpassung an sich verändernde Strukturen und dem Verlust von Sicherheit und Vertrauen auseinandersetzen. Dadurch entstehen Stress, Ängste und Sorgen, die massiven Einfluss auf unsere Gesundheit haben können, auch auf unser Immunsystem.

Zudem neigen manche Menschen dazu, diese Effekte unbewusst noch zu verstärken, indem sie sich dem Druck aussetzen, alles (besonders gut) schaffen zu müssen und dabei in eine ebenso ungesunde Anstrengung gehen. Andere begeben sich in eine hilflose Erwartung, dass andere sich doch bitte um ihr Wohlbefinden kümmern und verlieren an mentaler Stärke durch den Verlust von Selbstwirksamkeitsgefühlen. Wiederum andere glauben, sie müssten alles alleine bewältigen und niemandem zur Last fallen, machen sich allein und nehmen keine Unterstützung an.

Das alles führt dazu, dass wir Menschen den Kontakt zu uns selbst verlieren und nicht mehr in uns hineinspüren. Wir verlieren und vernachlässigen unser Innenleben. Und das in einer Zeit, in der es nicht nur gilt, gut durch die dunkle Jahreszeit zu kommen, sondern auch gut mit den Belastungen im Lockdown umzugehen.

Eine gute Selbstfürsorge muss sich daher unbedingt auch auf die Psyche konzentrieren.

In der folgenden Übersicht habe ich wichtige Parameter für eine gute Psychohygiene und die diesbezüglich gängigen Empfehlungen zusammengefasst.

Ich freue mich stets über Rückmeldungen dazu oder Erfahrungsberichte. Gerne darf dieser Blogbeitrag mit Menschen geteilt werden, für der Inhalt eine hilfreiche Inspiration sein könnte.


Strukturen und Rituale

Struktur ist ein psychologisches Grund-bedürfnis, doch sind unsere Strukturen temporär aufgelöst oder aufgeweicht. Der entstehende Mangel an Halt und Orientierung verursacht Stress und kostet Kraft.

Hilfreiche Vorgehensweisen:

  • aktiv feste Routinen gestalten
  • Tage und Wochen sinnvoll strukturieren
  • von Zeit zu Zeit überprüfen und anpassen (keine selbstauferlegten Zwänge)

Kontakt

Das psychologische Grundbedürfnis ist z.Z. extrem eingeschränkt bzw. reduziert. Das kann zu einem Mangel an Zuwendung führen. Zudem erzeugen sowohl zu wenig als auch zu viele Kontakte Stress.

Hilfreiche Vorgehensweisen

  • Kontakte aktiv managen: Auszeiten nehmen & Alleinzeit einplanen oder regelmäßige Kontakte schaffen (Telefon, Video, gemeinsame Spaziergänge)

Nachrichtenkonsum

Warten auf News und ständiges Aktualisieren erzeugt Anspannung und Dauerstress. Ein Überschuss an Negativschlagzeilen verstärkt Sorgenspiralen und Ängste.

Hilfreiche Vorgehensweisen:

  • Nachrichtenkonsum achtsam eingrenzen und ggfs. limitieren
  • aktiv nach positiven Informationen suchen
  • sich mehr auf den Alltag und die selbst gestaltbaren Lebensbereiche konzentrieren

Selbstbestimmung

Eine zu große Konzentration auf Dinge, die wir nicht wirklich beeinflussen können, kann Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühle erzeugen. Diese werden bspw. mit Gereiztheit, Überanstrengung, o.a. inneren Anpassungsmustern abgewehrt und kompensiert.

Hilfreiche Vorgehensweisen:

  • Konzentration auf Dinge, die selbst beeinflusst werden können wie z.B. die aktive Gestaltung persönlicher Lebensbereiche (gemütliches Zuhause, Rituale, Kontakt & Austausch, neues Hobby erlernen u.ä.)

Gefühle

Starke emotionale Reaktionen, wie sich überwältigt fühlen, gestresst, ängstlich oder traurig sein, sind in herausfordernden Zeiten normal. Werden sie jedoch unterdrückt, abgewehrt, überspielt und damit nicht bewältigt, können sie problematisch werden.

Hilfreiche Vorgehensweisen:

  • Gefühle bewusst wahrnehmen und zulassen
  • zum Ausdruck bringen, z.B. durch darüber sprechen, aufschreiben (Journaling), kreatives Verarbeiten, Meditation o.Ä.)

Achtsamkeit

Ängste sind natürliche Reaktionen auf eine unbekannte und ungewisse Situation, doch werden sie verstärkt (ausgelöst), wenn wir uns in negative Gedanken hineinsteigern.

Hilfreiche Vorgehensweisen:

  • Konzentration auf das Hier & Jetzt
  • Achtsamkeitsübungen, Meditation, Entspannungstechniken etc. für gesunde Abgrenzung zu negativen Gefühlen nutzen

Unterstützung

Alles allein bewältigen zu wollen oder zu müssen kann zu Überforderung führen. Unterstützung zu erfahren gibt Sicherheit, anderen zu helfen gibt ein Gefühl von Wirksamkeit und Bedeutsamkeit.

Hilfreiche Vorgehensweisen:

  • Aktiv mit Mitmenschen Kontakt halten, sich austauschen
  • um Unterstützung bitten
  • Hilfe annehmen
  • anderen Hilfe anbieten.

Die aktuelle Situation kann auch trotz dieser Psychohygiene-Tipps zu Anpassungsstörungen oder depressiven Phasen führen. Wenn es Dir aus eigener Kraft nicht gelingt, Deine seelische Gesundheit zu bewahren, suche Dir professionelle Hilfe, z.B. bei einer professionellen Beratungsstelle oder durch beraterische/therapeutische Unterstützung.

Es ist ok, wenn Du für Dich sorgst.

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